
Beispielhaftes Foto [Ausschnitt], Quelle: http://www.feddersen24-bremerhaven.de. Das Beispielfoto wurde exemplarisch ausgewählt für eine fragwürdige Gesetzeslage. Gegen die gesetzliche Kennzeichnungspflicht wird auf diesem Beispielfoto und von dem Unternehmen nicht verstoßen.
Wir gehen in den Supermarkt und kaufen ein. Auf jedem Produkt sind Fotos und Bilder, die uns nahelegen sollen, dass genau dieses Lebensmittel das ist welches wir brauchen. Viele Hersteller und die verwendeten Bilder wollen den Eindruck erwecken, dass es "natürliche Lebensmittel" sind. Um Klarheit zu bekommen schauen manche sich die Inhaltsstoffe an, andere interessiert das wiederum nicht. Aber werden wir wirklich gut informiert, wenn wir die Etiketten studieren und versuchen zu verstehen, was denn nun genau in dem Lebensmittel enthalten ist?
Die Antwort kann man nur in 2 Teilen geben: Meist bis fast immer wird die gesetzliche Kennzeichnungspflicht eingehalten, wirklich informiert über die Inhaltsstoffe wird man als VerbraucherIn aber nicht. Wer den gesetzeskonformen Informationsdschungel kennt, fühlt sich schnell manipuliert. Und so wird das Bild auf der Verpackung für diejenigen die Nachforschen schnell eine Täuschung, die sich aber – und das ist das was den Kopf schütteln lässt – als gesetzeskonform heraus stellt.
In dem Beispielfoto ist die gängige Praxis für Sauerkraut und auch Gewürzgurken zu sehen. In großen Lettern prangt dort „ohne Zusatz von Konservierungsstoffen“. Konservierungsstoffe weiß die Lebensmittelindustrie haben beim Verbraucher einen negativen Beigeschmack, weil die Menschen immer mehr „natürliche Lebensmittel“ wünschen.
Im Kleingedruckten findet sich dann aber doch etwas, was zwar gesetzeskonform ist, aber vom „normalen Menschen“ nicht mehr verstanden wird: Antioxidationsmittel Ascorbinsäure. Diese Säure (die auch als Vitamin C bezeichnet werden darf) kann sowohl antioxidativ als auch konservierend wirken. Antioxidativ bedeutet den Schutz vor unerwünschten Reaktionen mit Sauerstoff, was das Lebensmittel länger haltbar macht, also zumindest umgangssprachlich „konserviert“. Antioxidativ gilt aber formal im Sinne des Gesetzes nicht als „Konservierung“, mit der ausschließlich der Schutz vor Mikroorganismen gemeint ist.
Im Falle der Gurken und dem Kraut und dem Antioxidationsmittel Ascorbinsäure mag das noch ein „na und?“ bei vielen VerbraucherInnen hervorrufen. Ein Blick auf eine Vanillinzucker-Tüte macht klarer, wie systematisch sich diese fragwürdige Art der Darstellung durch die gesamte Kennzeichnungspflicht zieht.
Sind natürliche Aromen wirklich natürliche Aromen?
Nun kann man fast mit einer Wortspielerei antworten und sagen: „natürlich nicht“. Aber was verbirgt sich „gesetzlich“ hinter dieser gesetzeskonformen Wortwahl? Gemeint ist, dass ein Aroma, dass aus natürlichen Stoffen hergestellt wird, als „natürliches Aroma“ bezeichnet werden darf. Was Mensch aber nicht weiß wenn er die Inhaltsstoffe studiert ist, dass natürliches Erdbeeraroma nicht aus Erdbeeren hergestellt werden muss (und meist nicht wird). Vanillearoma stammt daher nicht aus der Vanilleschote, sondern aus Produktionsresten vom Reis. Und weil Reis „natürlich“ ist, darf das mit Hilfe von Mikroorganismen hergestellte Aroma eben „natürliches Vanille Aroma“ heißen.
Vanille ist da kein Einzelfall, eigentlich ist es so, dass fast alle Hersteller in diese Trickkiste für nahezu jedes Aroma greifen. Und dies aus einem einfachen Grund: es ist viel billiger, als das echte aus bspw. der Vanille hergestellte Aroma. Und es ist nahezu unbegrenzt herstellbar. Auf der Strecke bleiben die Produkte, die hochwertig hergestellt werden (weil teurer), und ebenso, dass wir VerbraucherInnen uns wirklich informiert fühlen. Statt dessen macht sich ein Gefühl von „manipuliert sein“ breit.
So auch bei „Gentechnik frei“: Die Tiere, die teilweise oder ausschließlich mit gentechnisch veränderten Futtermitteln ernährt wurden, müssen nämlich nicht gekennzeichnet werden. Im Umkehrschluß bedeutet das eines: Es gibt für VerbraucherInnen beim Lebensmittel Fleisch nur zwei wirklich „Gentechnik-freie“ Einkaufsquellen: Bio-Produkte und Lebensmittel mit dem grünen Kontrollzeichen "Ohne Gentechnik hergestellt". Alle anderen Fleischprodukte können (oder werden?) mit genetisch manipulierten Futtermitteln erzeugt sein.
Frei von Glutamat? Na von wegen!
Es gibt sogar Lebensmittel, auf denen prangt deutlich erkennbar der Schriftzug "ohne Zusatzstoff Glutamat". Es gibt aber einen Trick diesen für viele industriell hergestellten Lebensmittel, dennoch Glutamat in das Lebensmittel einzurühren. Der Trick ist ganz simpel: man nehme "Hefeextrakt" und deklariere genau das auf dem Lebensmittel. Zwar besteht "Hefeextrakt" vorwiegend aus Glutamat, aber juristisch ist "Hefeextrakt" nun mal kein Zusatzstoff. Und damit darf - vollkommen gesetzeskonform - "Frei von Glutamat" auf der Verpackung stehen.
Was übrig bleibt für Menschen die sich gesund ernähren wollen: nur wer sich umfassend informiert, ist vor dieser legalen aber sehr fragwürdigen Manipulation geschützt. Ob es aber einem normalen Menschen zuzumuten ist, sich in alle Regelwerke umfassend einarbeiten zu müssen ist ebenfalls nur eines: fragwürdig in vielerlei Hinsicht. Verbraucherschutz sieht anders aus, Verbraucherinformation erst recht. Es fühlt sich eher so an, dass Gesetze so formuliert werden, dass möglichst viele Lücken entstehen,die nur einen Nutzen haben: uns etwas als natürlich zu verkaufen, was der normale Mensch nie als "natürlich" bezeichnen würde.

"Ehrlich isst besser"
Unter dem Titel „Ehrlich isst besser“ hast nun das Zutatenmuseum in Hamburg eine Online-Petition gestartet mit dem Ziel, diese als „Etikettenschwindel“ eingeschätzte Gesetzeslage zu ändern. Zu weiteren Informationen über Zutaten und Lebensmittel und zur Onlinepetition geht es hier: https://www.zusatzstoffmuseum.de/petition.html
Weiterführende Links:
http://www.gentechnikfrei.at/was-heisst-gentechnik-frei
https://www.konsument.at/essen-trinken/ascorbinsaeure
https://www.infosperber.ch/Wirtschaft/Lugenpresse-Am-meisten-Fake-news-verbreitet-die-Werbung